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Top ist Flop

Wozu auf Platz 1 bei Google?

Alle wollen nach oben

Wenn man jemanden nach seiner Lieblingsposition bei Google fragt, ist die Antwort einfach: Platz 1. Es werden viele Ressourcen investiert, um das zu erreichen. Unzählige Dienstleister schreiben sich auf die Fahnen, dass sie genau dieses Ziel für Ihr Unternehmen realisieren. Gerade ging die Messe zu diesem Thema, die SMX München 2011, zu Ende, und es wurden in der SEO-Branche wieder einmal viele Geheimrezepte diskutiert, um auf Platz 1 zu kommen.

Für alle relevanten Keywords gibt es aber bei Google noch ein paar Plätze oberhalb von Platz 1: Maximal 3 Google Ads-Anzeigen prangen oberhalb der generischen Ergebnisse. Der Reflex liegt nahe: Auch dort muss man natürlich auf Platz 1. Das kann ein sehr teurer Irrtum sein!

Was ist Platz 1?

Im Bereich Marketing liegt das Online-Marketing meistens in der Hand einer Person. Es sind aber zwei sehr unterschiedliche Bereiche davon betroffen: das „generische Listing“, auch „organische Suchergebnisse“ genannt, und die Suchmaschinenwerbung, auch Keyword Advertising oder Sponsored Links genannt. Der erste Bereich wird durch SEO-Maßnahmen (Suchmaschinenoptimierung) optimiert. Die Suchmaschinenwerbung bezeichnen wir hier als SEA-Maßnahmen. Oft wird dieser Bereich jetzt auch als SEA (Search Engine Advertising) bezeichnet. Nach dieser Definiton wäre SEA die übergeordnete Ebene, die aus SEO und SEA besteht. Wir bleiben aber bei der traditionellen Bezeichnung SEA für Sponsored Links wie Google Google Ads.

Es gibt Synergie-Effekte zwischen SEA – und SEO-Maßnahmen, beispielsweise im Bereich Keyword-Recherche und Keyword-Generierung. Deshalb ist es sinnvoll, dass sich SEM- und SEO-Dienstleister auf bestimmten Gebieten austauschen. Ansonsten sind jedoch beide Dienstleistungen sehr unterschiedlich und erfordern unterschiedliche Qualifikationen. Selbstverständlich ist es für eine Firma bequem, wenn beide Dienstleistungen aus einer Hand angeboten werden. Wenn man mit Spezialisten für beide Dienstleistungen zusammenarbeiten möchte, wird es sich allerdings in den meisten Fällen lohnen, spezialisierte Dienstleister zu beauftragen.

In dem Maße, wie die Dienstleistungen SEO und SEA unterschiedlich sind, sollten auch unterschiedliche Ziele und Anforderungen definiert werden. Im Bereich SEO lautet die Anforderung in der Regel: Möglichst auf Platz 1 kommen. Eine exaktere Bestimmung ist auch kaum realistisch, weil es keine exakte Steuerungsmöglichkeit gibt. Google definiert das Ranking selbst.

Aus dem viele Jahre währenden „Streben nach Platz 1″ im SEO-Bereich ist diese Tendenz auf die SEA -Ziele übertragen worden. Dies ist unter Umständen ein sehr teurer Fehler. Was für SEO gut ist, muss es für SEA noch lange nicht sein.

Für den SEA Bereich muss zunächst geklärt werden, was Position 1 ist und wie man sie ermittelt. Klar ist: Diese Position ist entweder oberhalb oder rechts von den generischen Ergebnissen, je nachdem, wie Google einblendet. Klar ist auch: Selbst nach den eigenen Anzeigen zu suchen, um die Position oder Einblendungshäufigkeit zu ermitteln, hat keinen Sinn und ist schädlich. Denn wenn man auf die Anzeigen klickt, verschwendet man das eigene Budget, und wenn man nicht darauf klickt, hat man die bekannten negativen Auswirkungen auf CTR und Qualitätsfaktor und dadurch langfristig steigende Klickkosten.

Zudem haben einzelne Live-Tests keinerlei Relevanz, weil ohnehin jeder Surfer etwas anderes sieht. Auch mehrere Tests von unterschiedlichen Rechnern haben keine Relevanz. Die einzigen tendenziell nachvollziehbaren Ergebnisse liefert das AdPreview-Tool. Aber auch diese Ergebnisse sind für die Optimierung eines Google Ads-Accounts nicht verwertbar.

So schwer es einem fallen mag, dies zu akzeptieren, die einzige verwertbare Aussage zur Position ist die Angabe in Google Adsselbst. Dieser Wert weicht mitunter deutlich von der „gefühlten Anzeigenpositionab. Dafür gibt es viele Erklärungsmöglichkeiten; insbesondere spielen Googles Anpassungen an individuelle Gewohnheiten oder auch den eigenen Standort eine große Rolle. Die Erklärung der Abweichung von Wahrnehmung und Realität ist jedoch irrelevant, da aus einer „gefühlten Anzeigenposition“ keinerlei Konsequenzen gezogen werden können. Konsequenzen kann man nur aus den ausgewiesenen Angaben im Account selbst ziehen.

Anzeigenposition meint also immer den Wert, den Google in der entsprechenden Spalte im Google Ads-Account ausweist. Darauf muss man sich verlassen. Genau wie bei allen anderen Werten bezüglich Google Ads. Darauf verlassen sich Millionen Kunden, und danach richten sich alle SEA

-Agenturen bei ihren Optimierungs-Maßnahmen. Wenn Google seinen Kunden bei Google Ads keine korrekten Werte ausweisen würde, wäre eine Optimierung nicht möglich. Google selbst hat hier Interesse daran, korrekte Zahlen auszuweisen, denn jeder Fehler würde zu einem Skandal führen und die Glaubwürdigkeit von Google untergraben.

Oben ist teuer

Gute Anzeigenpositionen sind in erster Linie teuer. Natürlich spielen bei Google noch weitere Faktoren – insbesondere der Qualitätsfaktor – eine sehr wichtige Rolle. Darüber ging es in früheren Artikeln. Nun betrachten wir ein System, bei dem alle Randbedingungen gleich bleiben. In diesem Fall bestimmt das Keyword-Gebot die Anzeigenposition.

Wenn man mit Google Adsstartet, hat man noch keine Erfahrungswerte zu sinnvollen Klick-Geboten für einzelne Keywords oder Anzeigengruppen. Man kann versuchen, sich Anregungen von Google selbst zu holen. Nutzt man das Keyword-Tool oder bei bestehendem Account den Traffic-Estimator, zeigt Google einem immer die Gebote für Top-Positionen. Das liegt ja auch im Interesse von Google. Lässt man Google dann die Gebote selbst festlegen, erhält man häufig teure Top-Positionen.

Für die Klickrate sind diese Top-Positionen natürlich sehr effektiv. Je besser die Position einer Anzeige, desto besser die Klickrate (CTR). Eine Faustregel besagt, dass die Aufmerksamkeit relativ zu vorherigen Postionen bei jeder tieferen Position um 10% sinkt. Es gibt auch exaktere Betrachtungen dazu wie die Studie „CTR of top paid ad positions revealed“, die von der Agentur First Rate vorgestellt wurde (http://www.firstrate.com.au/blog/ctr-of-top-paid-ad-positions-revealed/). Allerdings sollte man bei diesen „exakten Angaben“ genau berücksichtigen, was Herr Röttgerding berechtigter Weise daran kritisiert (http://www.internetkapitaene.de/2010/10/19/studien-unsinn-klickt-der-adwords-long-tail-besser/). Ein weiteres Beispiel für „exakte Angaben“ sind die Werte der Firma AccuraCast (http://knowledge.accuracast.com/articles/adwords-clickthrough.php), die man ebenfalls kritisch betrachten sollte.

Als Grundregel lässt sich festhalten, dass die Klickpreise auf den Top-Positionen am teuersten sind. Je besser also die Anzeigenposition, desto mehr Besucher bekommt man damit – und desto teurerer ist jeder einzelne Klick.

Top-Conversion-Rate?

Jeder Werbetreibende muss nun abwägen, ob sich die hohen Klickkosten auf Platz 1 lohnen. Entscheidend ist dabei die Frage, ob oder inwieweit sich die Anzeigenposition auf die Conversion-Rate (CR)auswirkt. Der letzte Artikel in dieser Reihe behandelte das Thema Conversiontracking und stellte dar, dass bei jedem Account ein solches Tracking möglich ist. Als Conversion sollte man das messen, was einen Erfolg der Google Ads-Kampagne bedeutet. Wenn die Conversion-Rate auf den Top-Positionen besser ist als auf schlechteren Positionen, lohnt sich die höhere Investition für jeden Klick.

Als Beispiel betrachten wir einen Shop, da hier die Zusammenhänge am einfachsten zu erkennen sind. Auf Position 8 kostet ein Keyword beispielsweise 0,1 Euro und generiert bei einer CTR (Klickrate) von 1 % aus 10.000 Impressionen (= Einblendungen) 100 Klicks. Bei einer Conversion-Rate (CR) von 1% ergeben sich Verkaufskosten von 10 Euro für die eine Conversion. Auf Position 1 kosten die Klicks beispielsweise 0,5 Euro, und die CTR beträgt 10%. Aus den 10.000 Einblendungen werden also 1.000 Klicks generiert. Die Klickkosten sind auf der besseren Position fünf mal höher als auf der niedrigeren Position. Wenn nun (aber) die CR bei 5% statt bei 1% liegt, ergeben sich aus den 1.000 Klicks 50 Conversions zu einem Preis von ebenfalls 10 Euro. Die Top-Position bringt somit nach diesem Beispiel 50 mal mehr Conversions als die schlechte Anzeigenposition. Die Kosten pro Conversion bleiben dabei gleich.

Der Haken dabei: Es stimmt meistens nicht. Es gibt keinen stichhaltigen Grund, weshalb die CR auf Top-Positionen höher sein soll als auf schlechteren Positionen!

Ob die potentiellen Kunden wirklich kaufen, entscheiden sie im Shop. Die Conversion findet auf der Site statt. Dabei spielt es keine relevante Rolle, ob die Kunden zuvor auf eine Anzeige in Top-Position oder auf schlechterer Position geklickt haben.

Interessant in diesem Zusammenhang sind die Ergebnisse von Professor Hal Varian. Der amerikanische Ökonom beschäftigte sich mit Informationsökonomie und dort insbesondere mit dem Bereich „Neue Medien“, bis er 2007 als Chefökonom zu Google wechselte (http://de.wikipedia.org/wiki/Hal_Varian). Nach seinen Beobachtungen ändert sich die CR bei unterschiedlichen Anzeigenpositionen nur minimal. Diese Ergebnisse wurden in einem offiziellen Blog (http://adwords-de.blogspot.com/2009/08/anzeigen-position-hat-kaum-einfluss-auf.html) veröffentlicht.

Nun erscheint es wenig sinnvoll, Google Ads-Strategien nach Erkenntnissen eines Google-Mitarbeiters auszurichten, denn Google hat ja ein ökonomisches Interesse daran. Das Entscheidende ist aber, dass diese Erkenntnisse dem Interesse von Google widersprechen!

Google hat Interesse daran, dass sich Google Ads-Werbetreibende bei Top-Positionen gegenseitig überbieten. Das treibt die Klickpreise in die Höhe und Google verdient mehr. Das ökonomische Argument dafür müsste lauten, dass auf Top-Positionen auch besser gekauft wird. Dem ist nach der Aussage von Varian aber nicht so! Aus diesem Grunde sind die Erkenntnisse in meinen Augen durchaus glaubwürdig.

Ideale Anzeigenposition

Die genannten Varian-Ergebnisse stimmen mit unseren eigenen Beobachtungen überein: Eine Anzeige spricht immer dieselbe Zielgruppe an – (fast) egal auf welcher Anzeigenposition sie steht. Diese Zielgruppe hat eine bestimmte Kaufbereitschaft. Ob sie den Kauf dann realisiert, hängt in erster Linie von der Site und dem Angebot ab.

Wir beobachten sogar Effekte, dass bei einer Positionierung auf Platz 1 die Conversion-Rate schlechter ist als auf den Plätzen 2 oder 3. Das erklären wir über den hohen Anteil von „Spontanklickern“, also Menschen, die einfach auf das oberste Ergebnis klicken. Diese haben häufig keine eindeutige Kaufabsicht und verwechseln SEO- und SEA-Ergebnisse. Und wir sind nicht die einzigen, die diese Beobachtung gemacht haben. Auf einer Seite der „Verlag für die Deutsche Wirtschaft AG“ lasen wir Folgendes: „[G]erade wenn Anzeigen über den ‚normalen‘ organischen Suchergebnissen dargestellt werden, [ziehen sie] zuviel [sic!] unrelevanten Traffic [an] (…) und [bringen] eine schlechtere Conversionrate mit sich (…). Es kommt aber darauf an! Daher: Testen! Testen! Testen!“ (http://www.marketing-trendinformationen.de/marketing/online-marketing/beitrag/google-adwords-conversionrate-unabhaengig-von-der-anzeigenposition-2489.html); und dem können wir uns voll anschließen.

Diese Einschätzung wird auch von Kollegen wie Olaf Kopp geteilt, der in seinem Blog schreibt, „(…) dass es oft die hinteren bzw. unteren Anzeigenpositionen sind, die mit guten Conversion-Ratess abschließen.“ Er bezieht sich auf die Veröffentlichung von „Engine Ready“ zu „Average PPC Ad Position“ (http://www.engineready.com/sem-resources/industry-studies/ppc-ad-position-study.php). Hier wird von der „idealen Positon“ ab Platz 4 gesprochen, als conversonstärkste Position gilt Platz 7! Auch die Untersuchung von Adgooroo ermittelt als ideale Position die Plätze 6-8 (http://succeed.adgooroo.com/How_Keyword_Length_Impacts_CTR_Google_AdWords.html). Nach unserer Einschätzung ist es nicht möglich, eine ideale Anzeigenposition anzugeben. Die Ergebnisse sind je nach Branche und je nach Marktumfeld extrem unterschiedlich. Schon ein „Big-Player“ der in einem Markt plötzlich mit Online-Marketing beginnt und massiv auf Platz 1 setzt, kann die optimal austarierte Anzeigenposition der andere Google Ads-Player obsolet machen. Google selbst sagt zur Anzeigenpositon: „Es gibt keine ‚richtige‘ Position für alle Anzeigen. (…) Viele Kunden bevorzugen eine niedrigere Position, (…). Sie stellen möglicherweise fest, dass bestimmte Keywords eine bessere Rendite einbringen (…). Testen Sie die verschiedenen Positionen und Ergebnisse so genau wie möglich.“ (http://adwords.google.com/support/aw/bin/answer.py?hl=de&answer=31793). So ist es!

Ein Google Ads-Kunde muss permanent den richtigen Kompromiss zwischen maximaler Präsenz, optimaler Präsenz auf Top-Positionen (Branding) und Kosten und Ertrag austarieren. Wenn man auf optimalen Plätzen werben möchte, gibt es keine andere Möglichkeit, als in diesem dynamischen Markt permanent zu justieren.

Top-Positionen

Nach unseren Erfahrungen gibt es durchaus Situationen, in denen es sich lohnt, auf die Top-Position zu setzen. Dies gilt insbesondere im B2B-Markt. Wenn eine große Firma einen Dienstleister sucht, wird oft nur auf die Top-3-Positionen geschaut. In solchen Fällen müssen wir für den Dienstleister die Anzeigen dort platzieren, da sie auf günstigeren Positionen keine Aufmerksamkeit bekommen.

Der Klassiker für die Top-Positionen ist die Brand-Kampagne. In der Regel ist eine Firma mit ihren Brand-Keys auf Platz 1 im organischen Listing. Darüber können sich häufig 3 Mitbewerber in Google Adsplatzieren und somit motivierte potentielle Kunden abwerben. Deshalb ist es notwendig, für diese Keywords unbedingt Platz 1 zu belegen. Das zeigt auch die Studie „Markenbekanntheit – Anzeigenpositon“, die von Google (!) veröffentlich wurde (http://www.full-value-of-search.de/key_questions/4/answers/113).

Auch bei weiteren Keywords, die das Produkt oder die Dienstleistung sehr exakt beschreiben, kann sich die Top-Position lohnen. Dort gibt es maximal viele Klicks und damit auch Conversions. Oft sind hier die Kosten – wie auch bei den Brand-Keys – recht gering, da man eine extrem gute CTR erhält und einen Qualitätsfaktor von 10. Damit sind auch die Klickkosten – trotz Top-Position – noch immer überschaubar. Diese „Sahne-Keys“ haben meist geringe Suchvolumina, und somit fallen die Klickkosten oft kaum ins Gewicht.

Fazit

Top-Positionen sind nach unserer Erfahrung oft eine preistreibende und ineffektive Anforderung, die fälschlicherweise aus dem SEO-Bereich in den SEA-Bereich übertragen wurde. Nach unserer Erfahrung, die von anderen Agenturen bestätigt wird, sind Top-Positionen:

  • bei sehr vielen Keywords ineffektiv, weil die Conversion-Rate nicht steigt,
  • bei impressionsstarken Keywords meist überbezahlt,
  • unter Branding-Gesichtspunkten sicherlich positiv,
  • für B2B-Dienstleister häufig ein „Muss“,
  • bei Brand-Keys unbedingt erforderlich,
  • für „Sahne-Keys“ in der Regel lukrativ.

Das Ergebnis lautet, wie so oft bei Google Ads: Es gibt keine Regel, die für alle Branchen und alle Marktsituationen immer gilt. Und das ist gut so, denn andernfalls würde uns ja niemand mehr brauchen 😉 Und es gibt unterschiedliche Erfahrungen, wie beispielsweise die Aussage von Oliver Hauser (Autor des Weblog WebmarketingBlog.at) belegt, der oft auf Top-Positionen setzt (http://www.webmarketingblog.at/2009/11/05/die-richtige-position-der-google-adwords-anzeigen/). Allerdings bestätigt auch er unsere Auffassung, wenn er schreibt: „Fast immer kam man auf das Ergebnis, dass sich eine bessere Position nicht wirklich auf die Conversion-Rate auswirkt.“

Wer das Optimale aus Google Ads herausholen will, muss für alle Keywords in Kombination mit den möglichen Anzeigentexten die optimale Position herausfinden. Sobald sich das Marktumfeld ändert, muss erneut angepasst werden. Diese Arbeit kostet entweder Zeit oder Geld für den SEA-Dienstleister, der das erledigt.